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19.Tag - Freitag, 8. September 1995

Irgendwie bin ich heute gar nicht so motiviert, aufzustehen. Klar, es ist schon ein besonderer Tag: Eine Tour geht zu Ende. Und alles, was ich jetzt noch mit dem Fahrrad leisten muß, ist, nach Basel hineinzufahren und meine Zugfahrkarte zu kaufen. Naja, ein bißchen Heimweh habe ich ja mittlerweile schon. Nach diesen drei Wochen Selbst-Erfahrung (im wahrsten Sinne des Wortes) freue ich mich wieder darauf, zuhause meinem gewohnten Leben nachgehen und - ich glaube, das habe ich am meisten vermißt - meine Musik hören zu können. Davor steht jedoch noch der Besuch bei meinen Eltern auf dem Programm, und ich denke, auch meine Mutter wird sich freuen, wenn ich zu ihrem Geburtstag wohlbehalten zu Hause ankomme. Ich meine, nach dem Kummer, den ich ihr zwischendurch bereitet hatte.

Da ich ja bereits gestern geklärt hatte, dass das Zelt den Tag über hier stehenbleiben kann, mache ich mir darüber erstmal keine weiteren Gedanken. Nach dem morgendlichen Trott, inklusive Kaffee kochen und frühstücken, schwinge ich mich alsbald auf Artaq und reite los. Das Wetter hat sich nicht übermäßig geändert. Es regnet momentan nicht, und darüber bin ich nach dem gestrigen Tag wirklich froh. Aber der Himmel gibt sich grau. Vielleicht, um mir den Abschied von dieser Tour etwas leichter zu machen? Der Weg nach Basel hinein ist recht einfach zu finden. Man muß als Radfahrer zwar ein wenig aufpassen, dass man nicht über eine falsche Brücke fährt und dann ganz woanders landet, aber mit ein bißchen Geschick suche ich mir zwischen den Autos meinen Weg nach Basel hinein.

Ein Blick den Rhein hinunter nach meiner Ankunft in Basel
Ein Blick den Rhein hinunter, von der Schweizer Seite aus und bei trübem Wetter.

Von der Innenstadt aus suche ich dann den Weg zum "Badischen Bahnhof" der gut ausgeschildert ist. Dort angekommen, wundere ich mich erstmal über die gänzlich bahnhofsuntypische Atmosphäre. Reichlich verlassen wirkt das hier. Und man kommt sich wie an der alten DDR-Grenze vor, nicht wie inmitten einer Großstadt. Das hat natürlich den Vorteil, dass man nur an einen der Schalter zu gehen braucht und prompt bedient wird, im Gegensatz zum Bonner Hauptbahnhof, in dem normalerweise erstmal mehrminütiges Warten angesagt ist. Der Kauf meines Wochenendtickets geht auch recht schnell vonstatten, so dass ich alsbald wieder auf der Straße bin und mich frage, was ich mit dem Rest des Tages anfangen soll. Also ziehe ich erstmal los und besichtige Basel.

Wenn man eine fremde Stadt besichtigen will, sich dort überhaupt nicht auskennt und auch nicht über einen Reiseführer oder ähnliches verfügt, bleibt einem aus touristischer Sicht meist nichts anderes übrig, als im Stadtzentrum anzufangen. Dort stelle ich also mein Fahrrad ab, wandere ein bißchen die Straßen rauf und runter, und schaue mir diverse historische Bauten und die geschäftige Innenstadt an. In Zentrumsnähe befinden sich unter anderem das Münster sowie die Martinskirche. Aber die Urlaubsstimmung, die nötig wäre, das Ganze auch zu genießen, will sich nicht (mehr) einstellen. Das Wetter ist zu trüb, und die Heimfahrt liegt zu nahe. Dennoch vertreibe ich mir etwa zwei Stunden des Nachmittages in Basel, bevor ich zum Campingplatz zurückfahre.

Dort packe ich gegen fünf Uhr nachmittags meine Sachen aufs Fahrrad. Nicht zum letzten Mal für diesen Urlaub, aber doch zum letzten Mal fern der Heimat. Noch schnell im Büro des Campingplatzes abgemeldet, und schon bin ich wieder unterwegs nach Basel über eine Strecke, bei der ich schon bald behaupten würde, dass ich mich auf ihr auskenne. Am Badischen Bahnhof angekommen, schiebe ich mein Fahrrad zu einer Sitzgruppe in der Mitte der Bahnhofshalle, und dann heißt es erstmal warten.

Zwar nutze ich die Zeit, um in meinem Buch weiter zu lesen, dennoch entgehen mir einige andere Gestalten nicht, die auch dort herumsitzen und zu warten scheinen. Und mit einem einfachen und vollkommen unverfänglichen "Kannst du mal gerade auf mein Fahrrad aufpassen, während ich aufs Klo gehe?" lernt man auch hier schnell andere Menschen kennen.